Anfang Oktober bin ich das erste Mal nach Rumänien gefahren, um mich ausschließlich um Straßenhunde zu kümmern. Ich war schon in Rumänien, bin aber bisher nur durchgefahren. Dass die Zustände schlimm sind, wusste ich. Und gerade deshalb wollte ich los.
Also habe ich Jago (meinen Hund) eingepackt und bin losgefahren. Die Fahrzeit bis an die Grenze Rumäniens beträgt im Idealfall laut Google Maps 12 Stunden, da ich mit meinem Bulli aber eher entspannt unterwegs bin, sind das locker 16-18 Stunden Fahrzeit. Dummerweise habe ich in Österreich beim Tanken mein Portmonee liegengelassen. Das ist zwar glücklicherweise später wieder aufgetaucht und wurde mir netterweise von den österreichischen Behörden nach Hause geschickt, hat mich aber auf der Hinreise trotzdem einen ganzen Tag gekostet.
Ich habe mich dazu entschieden, über Österreich und Ungarn zu fahren, was auch bis auf den Zwischenfall super geklappt hat. Zuvor hatte ich nicht wirklich geplant, wohin in Rumänien es genau gehen wird. Da habe ich mich von meinem Bauchgefühl treiben lassen, was sich im Laufe der Reise noch als sehr gute Entscheidung herausstellen sollte.
Als ich über die Grenze gefahren bin, hat es dann etwa 20 Minuten gedauert, bis ich die ersten Straßenhunde nach zwei, drei Dörfern entdeckt habe.

Die ersten Hunde

Diesen süßen Kerl habe ich mit seinen Kumpels an einer Autowaschanlage angetroffen. Die zwei kleinen Schwarzen waren sehr verängstigt und es war kaum möglich, ihnen näherzukommen. Der große helle Wuschel hatte auch Angst, war aber etwas zutraulicher. Ich habe ihnen Futter, Wasser und ein paar Kaustangen dagelassen.

Ich bin weiter durch die Dörfer gefahren und habe an verschiedenen Stellen Hunde angetroffen. Es hat mich doch sehr verwundert, wie ängstlich die Hunde waren, denn Anfang des Jahres war ich in der Türkei und dort waren die Hunde viel zutraulicher. Das war allerdings noch vor dem furchtbaren neuen Gesetz. Ich will mir gar nicht ausmalen, wie es jetzt dort zugeht.
Ungefähr jeder zweite Hund, den ich gesehen habe, ist vor mir abgehauen. Die Hunde sind dann wirklich weit weg geflüchtet; die laufen kilometerweit über Felder, bis man sie nicht mehr sieht. Das zeigt, wie sehr sie Angst vor dem Kontakt mit Menschen haben.

Der Hund von der Tankstelle

Den ersten Abend habe ich hinter einer Tankstelle geschlafen. Dort kam abends ein Hund an mein Auto. Leider hat er sich erschrocken, als er Jago gesehen hat. Mit Futter bewaffnet habe ich noch die Gegend abgesucht; aber keine Chance, der kleine Mann war verschwunden. Über Nacht habe ich das Futter hinter der Tankstelle stehenlassen. Und am nächsten Morgen war dann tatsächlich etwas weg. Er war also noch da. Ich habe dann noch eine Zeit dort verbracht, wollte dann aber irgendwann los. Gerade als ich das Auto vollgetankt habe, ist er wieder aufgetaucht. Natürlich gabs dann gleich nochmal Frühstück. Ich wurde aber vom Tankstellenpersonal sofort aufgefordert, den Hund ausschließlich hinter der Tankstelle zu füttern, da man das vor der Kundschaft nicht wolle.
Da der Hund, der jetzt Nemo heißt 🙂 ziemlich dreckig war, habe ich mir ein ruhiges Plätzchen gesucht und ihn in Ruhe gebürstet, verfilztes Fell am Schwanz und Steine unter seinen Pfoten entfernt. Ich dachte mir dann: „Wenn nicht dieser Hund, wer dann soll vermittelbar sein?“
Da ich sowieso schon mit dem Gedanken gespielt hatte, ein Tierheim aufzusuchen, habe ich dann das nahegelegene Casa Cainelui angesteuert, etwas außerhalb von Timișoara. Dort wurde ich von deutschen Helfern empfangen. Besonders Fiona, die dort freiwillig für eine Woche geholfen hat, hat mir sehr viel erklärt und mir alles gezeigt. Etwas später habe ich den Gründer und Chef des Casa kennengelernt. Mit Romulus habe ich dann verabredet, dass ich einerseits Nemo abholen und andererseits in Zukunft mit dem Casa zusammenarbeiten werde. Nemo habe ich dann am nächsten Tag zusammen mit Fiona von der Tankstelle abgeholt. In dem Zuge kam uns zufällig eine weitere süße Hündin zugelaufen, die Fiona nicht dort lassen konnte. Auch Roo, wie sie jetzt heißt, ist mittlerweile fest vermittelt 🙂

Die zukünftige Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit mit Romulus bedeutet im Detail, dass ich Hunde von der Straße retten und sie ins Casa bringen werde. Dort werden sie medizinisch versorgt, gechipt, geimpft, bekommen einen Pass und warten ihre vorgeschriebene Quarantänezeit ab. Nach vier Wochen sind die Fellnasen dann ausreisefertig und werden von mir in Empfang genommen. Ich bin sehr dankbar, dass ich die vorhandenen Strukturen des Casa nutzen darf, da es für mich ansonsten nahezu unmöglich wäre, die Hunde anständig und auch rechtssicher auf die Ausreise vorzubereiten.

Das Casa Cainelui

Das Tierheim Casa Cainelui bei Timișoara, Rumänien, stelle ich in einem separaten Beitrag ausführlicher vor. Um es kurz zusammenzufassen: Ich bin sehr glücklich, dass ich gerade dieses Tierheim gefunden habe. Es gibt mehrere Freilaufbereiche, in denen Hundegruppen fest zusammenleben. Außerdem ist jede Zwingerreihe so aufgebaut, dass alle Fellnasen Zugang zu jeweils einer Freilauffläche haben. Das ist, wenn man es mit Deutschland vergleicht, überhaupt nicht selbstverständlich. Die Heime sind häufig froh, wenn die Hunde überhaupt mal aus ihren Käfigen herauskommen. Außerdem gibt es im Casa viele deutsche Helfer, die sich einerseits liebevoll um die Hunde vor Ort kümmern und andererseits erleichtert es mir meine Arbeit und Kooperation enorm.

Die Rückfahrt

Die Zeit verging dann wie im Flug. Letztendlich hatte ich durch meine drei Tage Hin- und zwei Tage Rückfahrt effektiv nur 3 1/2 Tage vor Ort. Auf der Rückfahrt bin ich dann eine andere Route zurück zur Grenze gefahren und habe alles gefüttert, was mir mit vier Beinen über den Weg gelaufen ist.

Ausblick

Schlussendlich war die Fahrt für mich mehr als erfolgreich! Ich bin losgefahren, um 1. auf jeden Fall Hunde zu füttern. Ich hatte gehofft, dass ich 2. im Idealfall ein Tierheim finde, mit dem ich zusammenarbeiten möchte und auch darf. Das hat auch geklappt. Darüber hinaus habe ich 3. meinen ersten Hund (bzw. mit Fiona haben wir sogar zwei Hunde) von der Straße gerettet. Und beide sind schon vermittelt. Das ist mehr, als ich vorher dachte, erreichen zu können. Und nur für einen dieser Hunde hätte sich die ganze Reise schon gelohnt.
Ich plane, Mitte Dezember wieder vor Ort zu sein und wieder mindestens einen Hund von der Straße zu holen. Diesen Hund werde ich dann, wenn alles so klappt wie geplant, im Januar abholen und selbst nach Deutschland bringen – idealerweise direkt in sein neues Zu Hause.

Rumänien (Oktober 2024)

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